Gründungslegende Gnadenkapelle


Erlöser- oder Kapelle der schmerzhaften Mutter

heute: Gnadenkapelle

Pfarrer Kraus erzählt selbst: 

Gründungslegende

Die Veranlassung des Baues dieser Kapelle war die Erscheinung einer verstorbenen Jungfrau aus Immendorf, Namens Elisabeth Sauer (geboren den 30. Dezember 1816, gestorben den 8. August 1843), deren letzte Krankheit ein Nervenfieber war, wovon sie als Dienstmagd in Coblenz ergriffen, hierauf aber in's elterliche Haus nach Immendorf in einem Wagen überbracht wurde, wo sie starb. Dem Tode nahe, verlangte sie nochmals ihren Seelsorger zu sprechen, indem sie der Mutter sagte, sie habe demselben noch etwas mitzutheilen; die hl. Sterbesakramente hatte sie schon empfangen; doch da derselbe in's Haus eintrat, war sie eben verschieden. 

Eine arme Witwe aus Arenberg, Margaretha Hahn, pflegte an den von ihrem Sandgeschäfte freien Tagen zur Sommerzeit im Pfarrgarten zu arbeiten, welcher an der Seite der Kapelle und zwischen dem Oelberge und der Kirche liegt. 

So war sie daselbst Montag den 7. August 1848 beschäftigt. Zur Zeit der Abendglocke hörte sie in der Gegend, wo jetzt die Kapelle steht, laut und deutlich drei Mal rufen: „Gnadenbild!“ hielt aber diesen Ruf als den einer Fremden, welche den Oelberg besucht und sich darüber so geäußert habe. Zwei Tage später, zur selben Zeit der Abendglocke und während des Gebetes, erblickte sie an jenem Orte eine weibliche Gestalt, weiß gekleidet, die auf dem Haupte eine Erhöhung, geich einer vorne gespaltenen Krone, hatte. Sie sah aufmerksam dorthin und diese Erscheinung daselbst sich erheben und nahe dem Boden und in nicht weiter Entfernung von ihr, nach dem Oelberge hin, alsdann von da in derselben Richtung wieder zurückschweben, worauf sie verschwand. 

Montag den 14. August ebenfalls zur Zeit der Abendglocke, hörte sie zweimal: „Gnadenbild!“ rufen, und sah an erwähnter Stelle dieselbe Erscheinung und selbe in gleicher Weise zum Oelberge hin- und zurückschweben, bevor sie ver- schwand. Die gute Frau glaubte anfänglich, die Erscheinung sei die h. Mutter Gottes gewesen, und sprach sich hierüber im Pfarrhause bei den Hausleuten aus, denn der Pfarrer war abwesend. Diese tadelten ihre Behauptung, einwendend: „Warum sollte euch denn die hl. Gottesmutter im Garten erschienen sein?“ Da wurde die Frau ängstlich und ging nur mehr ungern in den Garten zur Arbeit. 

Am 16. August, Morgens zur Zeit der Halbmesse, wurde sie, beschäftigt mit Ausgäten des Unkrautes, durch ein Geräusch in der Nähe veranlaßt aufzublicken, und sah dieselbe Erscheinung und in derselben Weise, wie die letzteren Male. Obwohl sehr erschrocken, blieb sie dennoch an ihrer Arbeit; in Gedanken war sie stets mit der Erscheinung beschäftigt: da läutete die Betglocke zu Immendorf, es war gegen zwölf Uhr Mittags. Sie sah auf und hin nach dem Orte, wo sie schon dreimal die Erscheinung gesehen, und welcher etwa vierzig Schritte von ihr entfernt war. 

Die weiße Gestalt zeigte sich wieder, kam ihr näher, und sie erkannte die Züge der vor 5 Jahren verstorbenen Elisabetha Sauer; deren Angesicht aber war leichenblaß. Sie nahete sich mehr, bis auf drei Schritte; in dieser Entfernung umschwebte sie selbe drei Mal, blieb dann stehen und sprach: „Erschrecket nicht! ich bin Eliiabeth Sauer. In meiner schweren Krankheit zu Coblenz habe ich gelobt, einen Bittgang nach Maria-Hilf bei Coblenz zu machen und dort für einen Groschen Wachs zu opfern, sowie ein Heiligenhäuschen zur Ehre der h. Mutter Gottes bauen zu lassen, worin mehrere Menschen Raum finden können“. Dringend bat sie den Bittgang ungesäumt zu thun und den Herrn Pastor hiervon zu benachrichtigen, damit das Heiligenhäuschen bald gebaut werde, in welchem als erstes Opfer eine Wachskerze von 10 Silbergroschen dargebracht werden solle. Sie sprach weiter, daß sie anderen davon schon Mittheilung gemacht habe, aber erfolglos; darauf verschwand sie. 

Sogleich nach dieser Erscheinung ging die Witwe zum Pfarrhause und erzählte das Vorgegangene, trat dann ungesäumt die Pilgerreise nach Maria-Hilf an und brachte dort bezeichnetes Opfer. Ganz erschöpft zurückgekehrt, mußte sie sich Schwäche halber zu Bette legen, konnte weder essen noch trinken, fühlte sich gänzlich entkräftet und hoffte Besserung nur dadurch, daß sie ihre Aussage durch einen Eid beglaubigte. 

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Amtliche Feststellung:

Auf ihr Andrängen wurde dem Justiz-Amte zu Ehrenbreitstein hiervon Anzeige gemacht, worauf am folgenden Tage, den 17. August, der Justiz-Amtmann und der Justizsecretair nach Arenberg zur Vernehmung kamen; diese verlangten, daß auch das Pfarr- und Send-Amt vertreten sei, weshalb der Pfarrer und drei Sendschöffen sich ebenfalls im Hause der Hahn einfanden. Dieser wurde nun die Wichtigkeit des Eides erklärt und sie auf's ernsteste ermahnt, nichts zu behaupten, worüber sie nicht Gewißheit habe; auch wurden ihr die Folgen eines falschen Eides vorgehalten; 

Sie aber bestand darauf. Sie erzählte nun, was oben mitgetheilt wurde, leistete sodann feierlich den Eid zur Bekräftigung der Wahrheit ihrer Aussage. 

Das Protokoll, von ihr und allen Anwesenden unterzeichnet, ist im Pfarrarchive hierselbst niedergelegt. Ohne Schwur verdient die Hahn Glauben, denn sie war fromm, und obwohl arm und schwächlich, wollte sie nicht von Almosen, sondern von selbst erworbenem Brode leben. Sie hatte auch keinen zeitlichen Vortheil in Betreff dieser Sache zu erwarten, brachte vielmehr bis zur Vollendung des Baues der Kapelle manchen Krug Oel und manche Kerze zum Opfer; auch bis zu ihrem Tode beharrte sie auf der Wahrheit ihrer Aussage. 

 

Sie entschlief im Herrn den 17. Juli 1860. 

 

Religiöse Begründung des Geschehens:

Möchte vielleicht Jemand hier einwenden: „Warum offenbarte sich die Verstorbene in so wichtiger Sache einer armen Wittwe und nicht einer einflußreichen Person?“ 

Eine ihrer nächsten Verwandten (ihre Mutter) sprach damals: „Das beängstigt meine Seele allezeit, daß ich nicht würdig gewesen, die Erscheinung gehabt zu haben.“ Und vom Heilande heißt es(Luc. 10, 21): „Jesus frohlockte im heiligen Geiste und sprach: „Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde! daß Du dies vor Weisen und Klugen verborgen, Kleinen aber offenbart hast. Ja, Vater, denn also ist es wohlgefällig gewesen vor Dir“! So auch sprach er (Luc. 7, 22-23): „Den Armen wird das Evangelium gepredigt, und selig ist, wer sich an mir nicht ärgert“. Oder möchte man einwenden: „Warum erschien die Verstor- bene dieser Frau erst nach 5 Jahren, warum fünfmal, und warum rief sie fünfmal Gnaden- bild? warum in jener Gestalt, und warum schwebte sie zuerst zum Oelberge?“ Hier muß ich antworten, daß die Rathschlüsse Gottes unergründlich sind (Röm. 11, 33-34) die Verstorbene aber that, was Gott ihr erlaubte.             

             Doch warum rief Gott fünfmal Samuel und dies in verschiedenen Zeiten, ehedem er sich ihm offenbarte (1. Sam. 3)? Wollte der Herr den Samuel nicht besonders aufmerksam auf seine Worte machen; die er hierauf zu ihm sprach? Warum anders erschien der Herr nach seiner Auferstehung so oft seinen Jüngern, als um sie im Glauben an seine Auferstehung und so an ihn und in seinem Erlösungswerke zu bestärken. Und sollte sein jedesmaliges Verschwinden nicht auf seine Himmelfahrt vorbereiten? 

Was die sich wiederholende Zahl fünf betrifft: so ist sie Bezeichnung der vorzüglichsten Gnadenquellen, der heiligen fünf Wunden Jesu, in denen er zugleich als herrliches Bild der Liebe und Gnade erscheint, weil in ihnen als Erlöser, durch dessen Gnade sie auch ihre Erlösung hoffte. Ihr Angesicht hatte Todesblässe, anzuzeigen, daß sie noch nicht im Reiche der Lebendigen, im Himmel lebe; ihr Gewand war weiß, weil sie ohne Sünde war; die Krone ihrer Tugenden hatte eine Lücke, welche die Erfüllung des Gelübdes ausfüllen sollte; sie flog zum Oelberge, ihre große Sehnsucht nach Erlösung zu bezeichnen; denn am Oelberge begann Jesus das blutige Erlösungswerk. 

            Was schließlich den Ruf: „Gnadenbild“ betrifft, so erkenne man diesen als Bezeichnung dessen, als was das herrliche Bild betreffender Kapelle sich schon bewährte; denn wie viele Leidende und Bedrängte erhielten betend vor diesem Bilde im Vertrauen auf Mariä, der hl. Mutter Jesu, liebreiche Fürbitte, Trost und Hülfe, manche selbst auf die wundervollste Weise; ja die eigenthümlichen Eindrücke, die dort jeder erhält, der mit frommem Sinne eintritt, bewähren höhere Einflüsse und nöthigen zum Geständnisse (2. Matth. 3, 38): „Hier berührt eine Hand von oben“. „Denn in dem Orte ist wahrhaft eine gewisse Kraft Gottes“! Lieber Leser, willst du dich davon überzeugen, so gehe hinein mit edler Absicht und frommem Herzen. 

Die Krankheit worin die Erschienene dieses Gelübde gemacht, war nicht jene letzte, sondern eine frühere, da sie als Dienstmagd ebenfalls in Coblenz schwer erkrankte; sie machte es mit der Bedingung, wenn sie wieder gesund würde; dies geschah, und die Verpflichtung dankbarer Erfüllung war vorhanden, aber sie hatte hierzu die Mittel nicht, wollte es daher später erfüllen, sobald als möglich, sollte auch ihr elterliches Erbe gänzlich dazu benützt werden müssen. 

Dieses offenbarte sie im Jahre 1841 einer Jungfrau, mit der sie während einer gemeinschaftlichen Feldarbeit über Gelübde sprach, und jener so auch das ihrige offenbarte, jedoch mit der Bitte, Niemanden etwas davon zu sagen. Nach jener Erscheinung aber, hatte diese keine Ruhe mehr, bis sie ihrem Seelsorger und den Verwandten der Erschienenen davon Mittheilung gemacht, was aber erst nach allen Verhandlungen geschah. Auch hatte die Erschienene dieses vor ihrer letzten Krankheit einer Alters- und Schulgenossin offenbart; auch diese theilte erst nach betreffenden gerichtlichen Verhandlungen, dies als Beleg der Wahrheit jener Erscheinung, mit. Das Gelübde also war sicher gemacht; die Erfüllung war unterblieben; daher die Erscheinung. 

 

Bau der Kapelle:

Der Bau gelobten Heiligenhäuschens konnte aber sogleich noch nicht in Angriff genommen werden, weil die Mittel fehlten. Der Vater der Verstorbenen, gemahnt durch eine Erscheinung im Träume, welche einen blauen Maßstab in der Hand hielt, ließ die Familie zur Berathung in dieser Angelegenheit zusammenkommen, und es erklärten sich einige Mitglieder derselben, welche Maurer waren, bereit, das Häuschen unentgeltlich zu bauen, die Eltern aber wollten zehn Thaler für Baumaterial geben. Doch ein Häuschen dieser Art würde dem Gelübde nicht entsprochen haben, auch schien es zur ganzen Anlage nicht passend; es mußte daher jenes Gelübde auf andere Weise wahrgenommen werden, und so entstand unter Gottes heiliger Leitung die gegenwärtige Kapelle, welche nicht nur wegen Erfüllung jenes Gelübdes, sondern auch insbesondere, weil sie selbst in Allem an die Erlösung der Menschen durch Jesus Christus erinnert, Erlösungskapelle, sowie auch weil darin Maria, die h. Mutter Jesu, in der so ergreifenden Statue das Opfer der Erlösung auf ihrem Schoße zeigt, Kapelle der schmerzhaften Mutter genannt wird.

Die Vorarbeiten begannen im Frühjahr 1849 durch Wegfahren der Erde, dadurch die Vertiefungen zum Grottenwerke um die Kapelle herum zu erhalten; sodann wurden die Steinblöcke und Steine überhaupt hierzu ausgesucht und an Ort und Stelle gebracht. Am 15. October 1850 erst vermochte der Grundstein zur Kapelle selbst gelegt zu werden, worauf in diesem Jahre nur mehr die Fundamente gemauert werden konnten. Im Jahre 1851 wurde die Kapelle in Mauer und Dach ausgeführt, im nächstfolgenden Jahre erst der ganze Bau vollendet. Anfänglich sollte nur eine kleine Betkapelle errichtet werden, auf Anrathen eines frommen Bischofs (Weihbischof Dr. Godehard Braun von Trier, geb. zu Vallendar) aber, der während der Grundarbeiten die heiligen Orte besuchte, wurde sie größer angelegt und zur Darbringung des hl. Meßopfers eingerichtet. 

Die Auffindung des Materials dazu geschah oft auf wunderbare Weise: so insbesondere die der prachtvollen weißen Quarzkrystalle, wodurch zugleich Herr Wilhelm Stöck, Apotheker zu Bernkastel, seinem edlen Herzen das werthvollste Denkmal setzte; er ist schon in's Reich der Vergeltung hinübergegangen. In einem bereits viele Jahre verlassenen Gange des Silberbergwerks da- selbst, ließ derselbe nach Krystallstufen forschen; viele Wochen hindurch wurde darauf gearbeitet, ohne auch nur einen solcher Ziersteine aufzufinden, und schon wollte man hoffnungslos diese Arbeit einstellen, da drang der Meißel durch und eröffnete einen leeren Raum, dessen Wände aus jenen prachtvollen Krystallen bestanden. Staunen fesselte die Schauenden und es flossen Thränen der Freude. Die Anzeige hiervon begann mit den Worten: „Ein Wunder!“ 

 

Beim ganzen Bau konnte man die Hand des Herrn als leitende und helfende deutlich erkennen.